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Ursprünglich auf Spanisch veröffentlicht: ‘Una ocasión perdida’ Javier Cercas. El País.
3 Juni 2018
Ich frage mich, warum ein großer Teil der Gesellschaft, der Institutionen und der katalanischen Presse ignoriert oder minimiert hat, dass wir einen fremdenfeindlichen Präsidenten haben.
Das wichtigste an der Wahl von Joaquim Torra zum Präsidenten der Generalitat ist nicht, dass der Hauptvertreter aller Katalanen ein Rassist und Fremdenfeind ist, nicht einmal, dass seine Investitur die Hälfte des Parlaments gewählt hat, ohne dass diejenigen, die ihn unterstützen seine Ideen verurteilen und ihn zur Ablegung seiner Ideen gezwungen haben sollten.
Nein: Für mich ist die Reaktion eines großen Teils der Gesellschaft und der katalanischen Presse sehr beunruhigend, die einfach den giftigen Charakter der Gedanken unseres Präsidenten ignoriert, abgelehnt oder minimiert haben.
In Katalonien protestieren täglich unzählige Institutionen, von Fachhochschulen bis zu Universitäten, weil in Spanien politische Gefangene gibt, trotz der Tatsache, dass die zuständigen internationalen Organisationen (von Amnesty International zu Human Rights Watch) dieses verneinen. Aber keine dieser Institutionen protestiert, weil wir einen fremdenfeindlichen Präsidenten haben, auch nach dem SOS Racisme Catalunya die Meinungen von Torra als „gefährlich, unverantwortlich, inakzeptabel“ bezeichnet hat.
In Katalonien haben wir radikale und gemäßigte (Diejenige die sagen sie wären Separatisten zu den Separatisten und Verfassungsverfechter zu den Verfassungsverfechtern) Meinungen gesehen, die ablehnen, dass Herr Torra fremdenfeindlich ist und sagen, dass es sich um eine Manipulation von Madrid und Cidudadanos handelt. Es sei auch ein Fehler Herr Torra ernannt zuhaben, da seine Fehlgriffe können von Ciudadanos und Madrid gegen Katalonien verwendet werden. Ich habe nie Ciudadanos gewählt und ich habe auch nicht die Absicht. Ich wohne nicht in Madrid, sondern in Barcelona und Verges, ein kleines Dorf im Ampurdán, gefüllt von Flaggen und separatistische Graffitis und regiert von der CUP, sodass wir sehen wollen ob alles aus einer Manipulation entstehen konnte.
Nehmen wir ein der vielen Beispiele, ein bereits berühmter Text von unserem Mann mit dem Titel „Die Sprache und die Bestien“. Der Artikel wurde in El Món, digitale Zeitung am 19.12.2012 veröffentlicht. Herr Torra war 50 Jahre alt und seine persönliche und ideologische Ausbildung war längst abgeschlossen.
Der Artikel stammt aus einer Anekdote: Ein Passagier in einem Flug von Swiss Air aus Katalonien beschwert sich bei der Landung in der Schweiz, weil die Ansprache vor der Landung auf Katalanisch und nicht auf Spanisch erfolgt. Torra nutzt die Anekdote um alle Menschen anzugreifen, die in Katalonien leben und den Rücken zur katalanischen Sprache zukehren.
Es ist wahr, wie Torras Verteidiger behaupten, dass er in seinem Artikel nicht alle Spanier angreift, nicht einmal alle, die Spanisch sprechen, sondern nur diejenigen, die wie der Passagier von Swiss Air sich vor allem was nicht auf Spanisch und Kastilisch ist verschließen.
Nun gut, was sagt er über diese Menschen (im Übrigen, eine Menge)? Es sind “Bestien in menschlicher Form (….) die Hass tröpfeln. Ein verstörter, ekliger Hass, „Aasgeier, Hyänen und Skorpionen”, die an einem Fehler in der DNA Kette“ leiden, die „nach Kloaken stinken“. Wie kann man dieses bezeichnen? Ein Fehltritt? Eine polemische Aussage? Die Beschwerde des Passagiers von Swiss Air kann respektlos oder kulturlos erscheinen (oder auch nicht). Sind dann die Personen, die in Katalonien leben und die katalanische Sprache ignorieren Bestien in menschlicher Form, Aasgeier, Skorpionen, Hyänen und Untermenschen? Wenn das keine reine Fremdenfeindlichkeit und Rassismus ist, was ist zum Teufel ist es dann?
Natürlich möchte ich nicht glauben, dass die Institutionen, Denker, die die Fremdenfeindlichkeit und Rassismus von Torra ignoriert, minimiert oder verneint haben, selber fremdenfeindlich oder rassistisch sind. Ich weigere mich auch zu akzeptieren, dass alle Abgeordneten, die seine Ernennung unterstützt haben und die zwei Millionen Katalanen, die ihn gewählt haben auch fremdenfeindlich sin. Ich kann auch nicht glauben, dass alle die glauben, dass wir Katalanen so auserlesen sind, dass keiner von uns rassistisch oder fremdenfeindlich sein kann.
Aber alle haben die Chance ihres Lebens verpasst, auf eindeutige, und abschließende Weise ein für alle Mal zu zeigen, dass sie anti-spanischen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit verabscheuen und nichts darüber wissen wollen.
Sie haben es nicht gemacht, keiner hat vermieden, dass Herr Torra unser Präsident wird, sie haben seine Schriften nicht kompromisslos verurteilt.
Ich frage mich warum.